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Ethische Charta für Journalisten und Forscher in fernen Ländern

Otto Kölbl

Die Suche nach Informationen über ferne Länder und ihre Veröffentlichung erfordert besondere Vorsichtsmassnahmen. Jeder der untenstehenden Punkte wurde hier aufgenommen, weil seine Missachtung wiederholt in den Medien oder in akademischen Publikationen zu Problemen geführt hat.

Unsere Zeitungsleser verdienen eine ausgeglichene Berichterstattung über ferne Länder. Photo: Otto Kölbl, 2011.

Unsere Zeitungsleser verdienen eine ausgeglichene Berichterstattung über ferne Länder. Photo: Otto Kölbl, 2011.

Beachtung der kulturellen Dimension

Alle Gemeinschaften haben in den vergangenen Jahrhunderten und Jahrtausenden ihre eigene Kultur geschaffen. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, die Kultur der Gemeinschaft, die er untersucht, kennen und verstehen zu lernen, und sich dessen bewusst zu werden, in welchem Masse er von seiner eigenen Kultur geprägt ist.

Beachtung der kollektiven Traumen

Alle Gemeinschaften werden von den in der Vergangenheit erlittenen Traumen stark beeinflusst. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, nicht nur die Traumen in Betracht zu ziehen, die die von ihm untersuchte Gemeinschaft geprägt haben, sondern auch diejenigen, die seine eigene Gemeinschaft geprägt haben, um ihre Auswirkungen nicht Gemeinschaften aufzuzwingen, die nicht davon betroffen sind.

Beachtung der historischen und langfristigen Dimension

Alle Menschen neigen dazu, sich nur auf die unmittelbare Gegenwart und auf die nahe Zukunft zu konzentrieren. Vor allem die Medien konzentrieren sich auf Lifeübertragungen und die Aktualität. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, die nötigen Informationen über die jüngere und ältere Geschichte zu suchen, die es ihm erlauben, die jetzige Situation zu verstehen, und die mittelfristigen und langfristigen Konsequenzen der diskutierten Ereignisse und Massnahmen zu beleuchten.

Kognitive Mechanismen

Alle Menschen werden von der erhaltenen Bildung geformt, das betrifft auch die grundlegendsten kognitiven Mechanismen. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, sich der erhaltenen Bildung bewusst zu werden und seine Aufmerksamkeit etwaigen kulturellen Unterschieden im Bereich der Wahrnehmung und Verarbeitung von Informationen zu widmen. Nur so kann er ein besseres Verständnis nicht nur der konkreten Realität in einem fernen Land, sondern auch der von seinen Bewohnern ausgearbeiteten abstrakten Konzepte erzielen.

Globale Anwendung von universellen Werten

Eine menschliche Gesellschaft kann nicht ohne geteilte Werte funktionieren. In der gegenwärtigen Welt sind das Völkerrecht und die Menschenrechte, wie sie von der internationalen Gemeinschaft im Rahmen der UNO ausgearbeitet wurden, Eckpfeiler der internationalen Beziehungen. Wenn ein Mensch sich mit solchen Regeln konfrontiert sieht, neigt er jedoch dazu, sie je nach Sympathie für die betroffene Person oder Gemeinschaft anders auszulegen. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, alles zu tun, damit die von ihm vertretenen Werte und Regeln unparteiisch auf alle Menschen und Gemeinschaften angewendet werden.

Suche nach vertrauenswürdigen Quellen

Alle Menschen neigen dazu, das zu glauben, was ihnen behagt. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, vertrauenswürdige Quellen zu suchen und wenn nötig Spezialisten um Hilfe zu bitten, um das Beste aus diesen Quellen herauszuholen.

Aufbauen von Vertrauensbeziehungen

Alle Menschen haben einen öffentlichen Diskurs und einen persönlichen Diskurs, den sie Personen vorbehalten, denen sie vertrauen. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, Vertrauensbeziehungen mit so vielen Informationsquellen wie möglich aufzubauen, vor allem indem er sich des Vertrauens würdig zeigen durch seinen Umgang mit den gesammelten Informationen.

Verteidigung von Rechten und Privilegien

Alle Menschen neigen dazu, ihre Rechte und Privilegien sowie die Rechte und Privilegien der Gemeinschaften und der sozialen Schicht, zu denen sie gehören, mit mehr Energie zu verteidigen als die Rechte der anderen. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, sich seiner eigenen Interessen und der Interessen der Gemeinschaften und der sozialen Schicht, denen er angehört, bewusst zu werden und davon abzusehen, um die von ihm hochgehaltenen Werte im Interesse von allen zu verteidigen.

Abstand zur eigenen Lebenserfahrung

Alle Menschen neigen dazu, was sie sehen und hören über ihre eigenen Erfahrung und Erlebnisse zu erfassen. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, durch intellektuelle Abstraktion und eine passende Zusammenarbeit jeden Mangel an Lebenserfahrung auszugleichen, der ihn daran hindern könnte, eine Situation oder die Aussagen von interviewten Personen zu verstehen. Da eine grosse Mehrheit der Auslandskorrespondenten in fernen Ländern Singles ohne familiäre Pflichten sind, versuchen sie zu verstehen, in welchem Masse die Verantwortung für das Wohlergehen von anderen Personen (Kinder, Ehegatten, Ältere usw.) unsere Weltanschauung verändern kann.

Alle Menschen ernst nehmen

Alle Menschen neigen dazu, den Aussagen von bestimmten Personen mehr Gewicht zu gehen, oder die Aussagen von bestimmten Gruppen ausser Acht zu lassen. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, den Aussagen von allen Personen, die er trifft, gegenüber offen zu sein.

Übereinstimmung der Bewertung mit der allgemeinen Meinung der Bevölkerung

Alle Menschen neigen dazu, über eine Gemeinschaft, für die sie nicht viel Sympathie empfinden, abwertend zu reden. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, in seinen Artikeln nicht seine eigene Einstellung, sondern die Einstellung der Mitglieder der Gemeinschaft zu widerspiegeln. Dies ist keinesfalls eine Forderung nach einer "ausgeglichenen" Berichterstattung, die ein Gleichgewicht zwischen negativen und positiven Aspekten aufweist, denn es ist durchaus legitim, eine Regierung zu kritisieren, wenn die Bevölkerung mit der Entwicklung der Dinge nicht zufrieden ist.

Harmonisierung der Linie des Herausgebers

Alle Menschen neigen dazu, über eine Gemeinschaft, für die sie nicht viel Sympathie empfinden, abwertend zu reden. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, sich mit seinen am gleichen Thema arbeitenden Kollegen abzusprechen, um zu einer homogenen Bewertung zu kommen.

Verweigerung der Polarisierung

Alle Menschen streben nach einem endgültigen Sieg über diejenigen, mit denen sie in Konflikt stehen oder die nicht ihre Werte teilen. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, auf Beziehungen zwischen den Gemeinschaften hinzuarbeiten, die auf einem guten Einvernehmen und auf gegenseitigem Verständnis beruhen.

Differenzierung, insbesondere zwischen Regierung und Zivilbevölkerung

Alle Menschen neigen dazu, ferne Länder oder Gemeinschaften als ein homogenes Ganzes zu betrachten. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, eine differenzierte Sicht zu bewahren, und vor allem immer zwischen Regierung und Zivilbevölkerung zu unterscheiden.

Suche nach Feedback

Alle Menschen neigen dazu, gehörte Aussagen zu verzerren. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, so viel Feedback wie möglich über seine Produktion zu sammeln, und zwar von allen betroffenen Personen wie interviewten Personen, Mitgliedern der untersuchten Gemeinschaften und Spezialisten der erwähnten Gebiete.

Umkehr des Gesichtspunktes

Alle Menschen neigen dazu, die Welt von ihrem eigenen Gesichtspunkt zu betrachten. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, sich regelmässig in die Haut des anderen zu versetzen und die daraus gewonnenen Einsichten in seine Produktion einfliessen zu lassen.

Offene Einstellung gegenüber konstruktiver Kritik

Niemand korrigiert gerne das, was er für wahr hält. Wenn er mit gut fundierter Kritik konfrontiert ist, egal ob öffentlich geäussert oder privat zugeschickt, verpflichtet sich jeder gewissenhafte Journalist und Forscher, dass er konstruktiv reagiert, um die Qualität der von ihm bereitgestellten Informationen zu verbessern.

Einsatz für den Anspruch auf Gegendarstellung und Berufung auf die Justiz

Alle Menschen machen Fehler. Vor allem Berichte und Forschung über ferne Länder unterliegen einem grösseren Fehlerrisiko wegen der Unterschiede im Bezug auf Kultur, Geschichte, Lebensstandard usw. Dabei kann jeder Fehler schwere Konsequenzen haben, vor allem wenn er von anderen Medien aufgegriffen und über einen längeren Zeitraum vervielfältigt wird. Jeder gewissenhafte Journalist und Forscher verpflichtet sich, sich für ein wirksames Recht auf Gegendarstellung einzusetzen und für rechtliche Mittel, mit denen sich geschädigt fühlende Personen oder Gemeinschaften eine Gegendarstellung an der gleichen Stelle oder in der gleichen Sendung verlangen können, wo eine offensichtlich falsche Information verbreitet wurde. Um jedoch die Meinungsfreiheit zu gewährleisten und den Medien die Mittel zu geben, qualitativ hochstehende Informationen anzubieten und ihre unentbehrliche Rolle als Gegenmacht wahrzunehmen, können als solche gekennzeichnete Meinungen nur gemäss den fundamentalen Texten über die Menschenrechte eingeschränkt werden, und es kann nicht von den Medien verlangt werden, dass sie das, was sie behaupten, auch beweisen. Der Kläger muss beweisen, dass eine veröffentlichte Information im Widerspruch zu Wirklichkeit steht, so wie sie von als verlässlich geltenden Quellen beschrieben wird.

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